Ich bekomme nicht selten die Frage gestellt, ob und was ich eigentlich arbeite, weil ich so viel unterwegs bin. Meist gefolgt von den Worten – so oder so ähnlich – “Ich möchte auch so einen Job haben, wie kommt man da ran? Ich will auch von Zuhause arbeiten, mehr Freizeit haben bzw. die Möglichkeit mir meine Zeit anders einzuteilen.”
Verstehe ich und auf der einen Seite freut es mich natürlich, dass das, was ich von meiner Arbeit vermittle, für viele andere scheinbar eine Wunschvorstellung ist.
Andererseits bin ich von Anfragen genervt, die denken, Remote Work ist verbunden mit easy life, viel Freizeit, viel Reisen – mit “nichts tun”. Und auch davon, dass die meisten nicht bereit scheinen, etwas einzubringen, um so ein Leben auch tatsächlich zu führen.
Also zunächst mal, was arbeite ich eigentlich?
Ich habe 2020 den Marketingbereich bei einer Unternehmensberatung übernommen und teile mir mittlerweile den Bereich mit einer weiteren Person. Also mein Verantwortungsbereich reicht von der strategischen Weiterentwicklung des Marketings, über die Budgetverantwortung, die operative Planung, Umsetzung und Analyse aller Maßnahmen bis hin zur Koordination von Dienstleistern.
Jetzt kurz zu der Sache mit der „Freizeit“ und dem „Reisen“…
Ich habe das schon öfters thematisiert, weil ich das Thema ein bisschen schwierig finde. Ich erlebe sehr viele Menschen, die gerne im Home-Office arbeiten wollen oder Reisen mit arbeiten verbinden möchten. Ich denke, weil von Menschen wie mir bspw. über Instagram etwas vorgelebt wird, was erstrebenswert und einfach scheint und was die Sehnsucht in vielen Menschen weckt, auch “so ein” Leben haben zu wollen.
Vielleicht gibt es auch Jobs, mit denen so ein happy und easy life möglich ist. Ich kann dir aber aus meiner Erfahrung sagen, dass alle Menschen aus meinem Umfeld, die so arbeiten wie ich, kein Leben mit ungewöhnlich viel Freizeit haben.
Daher mal ein bisschen Real Talk über mein lazy Leben dank Remote Work…
Meine Arbeitszeit in der Woche liegt irgendwo zwischen 35 und 50 Stunden – hängt ganz von den anstehenden Projekten ab.
Jeden Morgen um 9:30 Uhr habe ich einen Termin, um den Tag gemeinsam mit meinem Marketing-Kollegen zu beginnen.
Mein Tag beginnt aber zu ganz unterschiedlichen Uhrzeiten. Mal morgens um 5, wenn ich nicht schlafen kann oder früh wach bin. Oder auch mal um 8 Uhr. Aber klar, auch mal erst um 9:30 Uhr, wenn ich vorher noch eine Runde Laufen gehe oder Dinge zu erledigen habe. Ab (spätestens) 9:30 Uhr startet dann aber eben ein ganz normaler Arbeitstag mit E-Mails, Projekten, Terminen etc..
Im Sommer mache ich z. B. gerne mal eine ausgedehnte Mittagspause, um die Sonne zu genießen. Sehr häufig gibt es aber auch gar keine Mittagspause, sondern das Essen vor dem Laptop, weil viel zu tun ist oder weil ich einfach abends früher den Laptop zuklappen möchte.
Sollte ich mittags aber doch mal eine längere Pause einlegen, dann sitze ich abends auch immer mal wieder bis 9 oder 10 an der Arbeit.
Ja, ich liebe es und bin sehr dankbar, dass ich mir meine Zeit frei einteilen kann. Ich darf arbeiten, wann immer ich möchte – abhängig natürlich von Terminen mit Kollegen oder Deadlines, die eingehalten werden müssen. Das gibt mir die Möglichkeit, dann zu arbeiten, wenn meine Energie am Start ist und ich die besten Ergebnisse erziele.
Bedeutet das, dass ich viel Freizeit habe? Nein! Meine Freizeit verlagert sich manchmal nur anders, als es bei einem klassischen 9 to 5 Job der Fall ist.
Ich kann euch sagen, dass ich sogar mehr arbeite, als es in meiner Zeit in den Büros der Fall war. Denn wenn ich am Laptop sitze, bin ich konzentriert und vertieft in meine Arbeit – ohne den Schnack zwischendurch mit Kollegen. Und durch die volle Eigenverantwortung in diesem Job ist mein Anspruch an mich selbst deutlich gestiegen, sodass ich einfach auch mehr Zeit investiere, um meine gesetzten Ziele zu erreichen.
Klingt das noch immer nach dem “Traumjob”, den auch du suchst? Dann kann ich dir gerne sagen, wie ich an meinen Job gekommen bin…
Wie ich meinen Remote Job gefunden habe…
- 4 Jahre Studium (Multimedia Marketing)
- 2 Jahre 9 to 5 arbeiten (klassisch im Office)
- 6 Monate Reisen und einen eigenen Reiseblog gründen
Ja, um Erinnerungen festzuhalten, aber vor allem um meine beruflichen Skills zu erweitern/verbessern (Hosting, WordPress-Skills, Programmierung, SEO, Affiliate Marketing, Content-Writing) - 3 weitere Jahre 9 to 5 arbeiten (klassisch im Office)
- Nebenher jeden Tag nach Jobs und Möglichkeiten schauen, welche meiner beruflichen Vorstellung näher kommen als das, was ich zu der Zeit gemacht habe
- Während den 3 Jahren und einer 40 Stunden-Woche außerdem selbstständig gemacht
Erfahrungen ausbauen und Kunden sammeln, um irgendwann vielleicht Vollzeit Selbstständig sein zu können, um meiner Vorstellung von meiner beruflichen Zukunft näher zu kommen - Netzwerk aufgebaut von Menschen, die bereits so arbeiten, wie ich es mir wünschen würde und in den Austausch gegangen. Denn das eigene Umfeld ist ein riesiger Hebel für die eigene Entwicklung
- Glück gehabt, dass jemand die Stellenausschreibung für mich an einem schwarzen Brett in einem Co-Working-Space entdeckt hat
- Sehr viel Mut und einen gewaltigen Arschtritt die eigene Komfortzone zu verlassen und sich auf diese neue, für mich damals riesige Herausforderung einzulassen
Tipps, wie du deinen Remote Job findest
Und genau das sind auch meine Tipps an dich, wenn du einen solchen Job möchtest:
- Sei dir bewusst, dass es nicht unbedingt “einfach” ist, du musst das schon wirklich wollen und etwas dafür tun
- Recherchiere, welche Tätigkeiten man gut ortsunabhängig ausführen kann und finde darunter das Richtige für dich
- Erlerne diese Skills
- Knüpfe Kontakte mit Menschen, die bereits remote arbeiten und baue dir so ein Umfeld auf, welches dich inspiriert und mitzieht
- Mache dich Selbstständig oder sei aktiv auf Jobplattformen
Die Schattenseiten des “Home-Office”…
Abgesehen davon, dass es etwas investieren musst, um an so einen Job zu kommen (wie bei anderen Jobs übrigens auch), solltest du dir überlegen, ob du wirklich dafür gemacht bist, remote zu arbeiten.
Bist du zum Beispiel ein sehr geselliger Mensch? Dann darfst du nicht vergessen, dass es ganz schön einsam sein kann, immer alleine zuhause zu arbeiten.
Tust du dich schwer dich eigenständig zu motivieren oder produktiv zu sein?
Im Home Office hast du kein “produktives Umfeld” wie in einem Büro. Es muss eine Selbstverständlichkeit sein, dass du jeden Tag ganz alleine für dich an deinen Laptop gehst und konzentriert deine Aufgaben erfüllst.
Das heißt der Arbeitsalltag sieht nicht so aus: Mit Jogginghose vor den Laptop setzen, drei Mails abarbeiten, Postboten die Tür aufmachen, auf dem Weg zurück den Kühlschrank plündern, zurück an den Laptop und Projekt anfangen, “ah die Wäschetonne ist voll” – kurz Waschmaschine einschalten, zurück an den Laptop – und so weiter…
Das ist nicht wie Home-Office auszusehen hat – das ist eher der Grund, warum viele Unternehmen es nicht, nicht mehr oder nur teilweise anbieten. Nicht jeder Mensch ist für das eigenverantwortliche Arbeiten im Home Office geeignet.
„Wenn alles so schwierig ist, warum machst du das dann, Vanessa?“
Durch meine Haltung, durch die Erfahrungen, die ich in meinem Leben gemacht habe und auch durch mein Umfeld, wusste ich, dass ich so einen Job unbedingt haben möchte, weil es dem entsprach, wie ich mir sinnvolle und vorallem erfolgreiche und effiziente Arbeit vorstelle.
Ich persönlich kann jetzt sagen, dass ich meinen Traumjob gefunden habe – das was ich immer wollte: Komplett eigenverantwortlich arbeiten, etwas bewegen, Dinge ausprobieren können, keine Grenzen gesetzt bekommen, arbeiten dann, wenn ich Energie dazu habe und sich Pausen gönnen zu können, wenn der Kopf grad mal voll ist und ja, auch ortsunabhängig arbeiten zu können.
Dass es “einfach” ist, “leichter” als andere Jobs oder mit “mehr Freizeit” verbunden – da muss ich dich leider enttäuschen. Die Verantwortung, die ich bei meiner Arbeit habe, ist hoch, dieser will ich jeden Tag gerecht werden und das erfordert viel Zeit und Energie.
Ein Kollege von mir sagt immer, mit viel Freiheit kommt auch viel Verantwortung und das stimmt. Das darfst du tatsächlich bei der Wahl eines solchen Jobs nicht vergessen.
Wenn du immer noch der Meinung bist, dass “so ein” Job auch etwas für dich ist – super, go for it! Wenn du dich dazu austauschen willst, melde dich liebend gerne bei mir!
Was ich nur wirklich auflösen möchte ist diese Bubble der Sehnsucht die entsteht, wenn man die ganzen ach so tollen digitalen Nomaden sieht, die überall auf der Welt leben – btw. auch teilweise in Ländern wie Thailand oder Bali leben müssen, weil sie sich ein Leben in Deutschland gar nicht leisten könnten.
Es ist nicht alles Gold was glänzt, lasst euch nicht blenden und lasst euch nicht unzufrieden machen durch einen Lifestyle, der oft nur nach außen hin etwas verspricht, was er nach innen nicht halten kann. Schaut darauf, was euch in eurem Leben wirklich zufrieden macht und ob ihr es nicht vielleicht sogar schon seid. Wer anfängt sich zu vergleichen kann nur verlieren, weil es auf der Welt immer irgendwen geben wird, der mehr Geld hat, ein größeres Haus hat, mehr reist, sportlicher ist usw.
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