Ich verbringe in den letzten Monaten viel Zeit in Portugal und ansonsten auch an verschiedenen Orten. Als – zugegebenermaßen – Insta-Suchti, teile ich mein ach so tolles Leben natürlich gerne mit meiner kleinen Anzahl an ausgewählten Followern.
Immer wieder bekomme ich zu hören: “Wow, dein Leben ist beneidenswert.”, “So ein Leben wie du hätte ich auch gerne.”, “Traumhaft!”
Und dann sitze ich da und werde nachdenklich.
Nachdenklich darüber, was ich scheinbar für ein Fake-Bild von meinem Leben auf Instagram vermittle und anderen damit das Gefühl gebe, dass ihr Leben scheinbar nicht gut genug wäre. Und nachdenklich darüber, warum Menschen andere Leben – in dem Fall meins – so beneidenswert finden.
Denn während andere der Meinung sind, dass sie gerne mein (Instagram-) Leben hätten, erlebe ich eine der schwersten Zeiten in meinem Leben – und es geht hier nicht darum, Mitleid zu erregen, sondern darum zu zeigen, wie wenig die Realität mit Instagram zutun hat.
Privat geprägt von Enttäuschung, Traurigkeit, Misstrauen, Selbstzweifel, Einsamkeit und Neuorientierung. Und gleichzeitig verbringe ich täglich bis zu 10 Stunden am Laptop, um meiner Arbeit gerecht zu werden. Das ist also das Leben, um das ich beneidet werde? Ich denke nicht.
Aber ja, ich werde mir dann immer wieder bewusst darüber, dass auch ich so “fake” bin und nur die schönen Momente, die sich übrigens häufig für mich in dem Moment tatsächlich gar nicht sooo schön anfühlen, präsentiere.
Warum? Will ich, dass Menschen denken, ich habe ein tolles Leben? Ist es die Gewohnheit auf Instagram eben nur das Schöne zu zeigen? Macht es einfach mehr Spaß, die schönen als die schlechten Seiten zu zeigen? Will überhaupt wer die schlechten Seiten sehen oder ist man auf Instagram, um sich positiv zu inspirieren? Hm, ich bin mir nicht sicher. Vielleicht eine Mischung aus allem?!
Sicher bin ich mir aber darüber, dass ich immer wieder auch die negativen Seiten des Lebens zeigen möchte. Warum? Wenn mir eines in den vergangenen neun Monaten – eigentlich in den letzten 3 Jahren – richtig bewusst wurde, dann, dass das Leben einfach bei keinem nur “schön” ist. Keiner hat nur glückliche Momente, bei keinem läuft alles nach Plan – das ist einfach nicht das Leben. Das ist nicht die Realität – Die Realität fernab von Instagram.
Jeder hat sein Päckchen zu tragen, jeder hat Tiefschläge. “No rain, no flowers” – wer die dunklen Seiten des Lebens nicht kennt, weiß die Guten nicht zu schätzen. So sehe ich das. Und jeder weiß, dass Instagram nur eine ganz große Fake-Welt ist, aber mir scheint, als würde das doch immer wieder vergessen werden. Schade!
Und die andere Frage – ich weiß nicht, ob es vielleicht überheblich ist, aber…Warum beneiden Menschen andere um ihr Leben? Also klar, es gibt Menschen auf dieser Welt, die unverschuldet ganz viel Leid erfahren. Um diese Menschen geht es mir hier nicht, denn keine Frage – das hat niemand verdient und wenn man in solch einer Situation ist, dann ist es mehr als nachvollziehbar, dass man andere vermutlich um ihr Leben beneidet.
Mir geht es um die Menschen, von denen ich weiß, dass sie kein “schlechtes” Leben haben. Warum finden sie andere Leben beneidenswert? Ist es nur eine Floskel, wenn jemand so etwas sagt? Vermissen sie wirklich etwas im Leben? Sind sie ernsthaft unzufrieden mit ihrem Leben? Oder ist es wieder nur das Instagram-Game, das einem tagtäglich vor Augen hält, welche 100.000 Möglichkeiten man doch theoretisch haben könnte, was man nicht alles “gesehen haben muss” im Leben – aber ein “normaler Mensch” gar keine Zeit oder finanziellen Mittel hat, dieses jemals so zu erleben.
Ich finde mein Leben nicht beneidenswert. Ich versuche mein Leben einfach so zu gestalten, wie ich es mir wünsche. So, wie ich am glücklichsten bin – und nein, mir scheint deswegen nicht 365 Tage im Jahr die Sonne aus dem Hintern! Sich auf Instagram mit irgendwelchen anderen Leben zu vergleichen ist völliger Irrsinn. Wir sind alle Individuen, jeder hat andere Vorstellungen vom Leben. Es geht doch einfach nur darum, ein Leben zu führen, das man selbst wirklich von ganzem Herzen haben möchte. Ob das im Eigenheim auf dem Land ist, im Camper, ohne Wohnsitz, ob das mit oder ohne Kinder ist, ob das allein oder in einer polygamen Beziehung ist – all das ist doch völlig Wurst. Es geht doch nur darum, was du ganz persönlich für dein Leben möchtest. Also weniger auf Instagram rumglotzen und dem Leben der anderen hinterher träumen und denken, dass man etwas verpasst. Stattdessen lieber auf das eigene Leben schauen und sich die Fragen stellen: Bin ich abseits von Instagram nicht vielleicht doch ganz glücklich mit dem, was ich habe? Habe ich nicht ganz bewusst diesen Weg gewählt? Wenn ja, toll!
Wenn nicht, dann ändere etwas. Aber bitte beneide doch – wenn es dir eigentlich im Leben gut geht – nicht andere Leben aufgrund von irgendwelchen Insta-Stories oder -Feeds. Das schürt nur Unzufriedenheit, wo eigentlich keine ist.
Ende! 🙂